Mühlheim – Wie man sich einen typischen Metzger vorstellt, sieht der 42-Jährige, der seine Haare zum Zopf bindet, nicht aus. Manche seiner damaligen Mitschüler an der Leibnizschule in Offenbach dürften überrascht gewesen sein, als Schmidt nach dem Abitur erzählte, er werde nicht studieren, sondern bei „Meyer Willy Metzgerei & Feinkost“ in Sachsenhausen eine Lehre absolvieren. Die schloss Schmidt nach anderthalb Jahren ebenso als Jahrgangsbester ab wie vor zwei Dekaden seine Meisterprüfung. „Sicher hängt es damit zusammen, dass ich in einer Unternehmerfamilie aufwuchs“, vermutet Schmidt, der sein Abitur mit den Leistungskursen Physik und Chemie bestand, warum er sich nicht für das einmal angedachte Maschinenbau-Studium entschieden hatte, „ich wollte unbedingt selbstständig arbeiten“. Der Mühlheimer fing erst später im väterlichen Betrieb an, sammelte zunächst andernorts Berufserfahrung.
So gut wie jede Wurst, die in der Altstadtmetzgerei über die Theke geht, stammt aus der eigenen Küche. Und Schmidt hat einen gläsernen Bottich voller Medaillen gesammelt. Die Wertungen bei der Frankfurter IFFA, der weltweit größten Messe fürs Metzgerei-Handwerk, sind anonym. Benotet wird nach den Kriterien Geschmack, Geruch und Konsistenz. Vergangenes Jahr gewann Schmidt ausnahmsweise nichts. Wegen Corona fiel die Messe aus. Wie einem Kicker, der sich über eine knappe Endspielniederlage ärgert, geht es dem Meister mit einer Bronzemedaille, die er 2016 für seine Kreation eines Saumagens bekam. Er habe sich geärgert, nicht die volle Punktzahl bekommen zu haben, „auch wenn ich der einzige Prämierte war, der nicht aus der Pfalz stammt“.
Der Mühlheimer probiert viel aus, zuletzt etwa eine Salami mit dem Öl der Zirbelkiefer. Man schmeckt das Aroma von Nadelgehölz. „Für viele ist das zu speziell“, beobachtet Schmidt, weshalb er die Wurst nicht offensiv bewerbe. Freunden toskanischer Küche dürfte eine weitere Spezialität besonders munden. Bei der intensiv schmeckenden Salami mit Parmesankäse fällt das Aufhören schwer. Das Fleisch bezieht die Altstadtmetzgerei von Kleinbetrieben und Bauern um Aschaffenburg.
Familienvater Florian Schmidt steht täglich ab sechs Uhr in der Wurstküche. Qualitätsarbeit wäre kaum noch möglich, „wenn ich mich abends noch um einen Catering-Service kümmern müsste“. Manche Angestellte kennen den Chef noch als Kind, „ein Problem war der Rollenwechsel nie“. Schon gar nicht der mit Vater Norbert Schmidt, der mit fast achtzig Jahren immer noch im Betrieb arbeitet, „morgens kommt er als erster“. Im Urlaub habe ihn der Vater stets vertreten. Mittlerweile sei einer seiner Metzger soweit, den Part zu übernehmen.
Wenn er selbst mit Frau und Tochter Essen gehe, bestelle er meistens ein Schnitzel, „dann genieße ich es, selbst nicht panieren zu müssen“. (Stefan Mangold)